23 Oct Oberstleutnant i.G. Dirk Hamann, Referatsleiter, Einsatzführungskommando der Bundeswehr
Über das Cluny Forum
“Staaten haben Interessen, keine Freundschaften; Diese entstehen nur zwischen Menschen. Das Cluny Forum ermöglicht den Austausch und die Diskussion, durch die bestehende Freundschaften gefestigt und neue Bande geknüpft werden können.”
Meilensteine
Oberstleutnant i.G. Dirk Hamann trat 1989 in die Bundeswehr ein. Als Offizier der Panzergrenadiertruppe war er 1997 und 2000 in Bosnien und Herzegowina im Auslandseinsatz, wo er eng mit den französischen Streitkräften zusammen-arbeitete. Nach einer Verwendung im VN-Ausbildungszentrum, absolvierte er 2005 die nationale Generalstabsausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Es folgten Verwendung als Referent im Hauptquartier der NATO in Brüssel sowie in den Verteidigungsministerien in Berlin und Paris, bevor er ab 2014 für zwei Jahre Redenschreiber des Inspekteurs des Heeres wurde. Nach einem weiteren Auslandseinsatz als Verbindungsoffizier der Bundeswehr zur Republik Niger, besuchte er 2017/18 den Leadership in Security Course am Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik, verbunden mit einem Master in Advanced Studies in europäischer und internationaler Sicherheitspolitik. Seit Mai 2018 ist er Referatsleiter im Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit Schwerpunkt Mali.
Kurzinterview
Welche Rolle spielen die deutsch-französischen Beziehungen für die Deutsche Bundeswehr und wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der deutsch-franzöischen Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung?
Die Kooperation mit Frankreich ist ein aus der Bundeswehr nicht mehr wegzudenkender Bestandteil, der alle Bereiche der Streitkräfte ohne Ausnahme umfasst – Ausbildung, Ausrüstung und Einsatz. Wo immer möglich, koordinieren sich beide Staaten bei der Beschaffung von Rüstungsgütern oder bei der Planung laufender oder anstehender Operationen, und beziehen dabei die gemeinsamen Partner im Rahmen der EU mit ein. So soll Schritt für Schritt der Weg zu einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion geebnet werden. Insbesondere im Rahmen der strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) wird die deutsch-französische Zusammenarbeit noch mehr als sonst an Bedeutung gewinnen.
Wie fördern Sie und die Deutsche Bundeswehr die deutsch-französische bzw. europäische Zusammenarbeit?
Unzählige bilaterale Projekte sind Ausdruck der guten Zusammenarbeit: der Austausch von Offiziersschülern, gegenseitige Absolventen beider Führungsakademien, der Einsatz von Austausch- und Verbindungsoffizieren bis in die ministerielle Ebene und die seit mehr als 25 Jahren andauernde Kooperation im Rahmen der deutsch-französischen Brigade sprechen eine deutliche Sprache. Mit keinem anderen Land der Welt pflegt die Bundeswehr eine ähnlich umfassende Kooperation über einen so langen Zeitraum. Weitere Projekte – wie zum Beispiel der Aufbau einer gemeinsamen Lufttransportstaffel – werden folgen, um gemeinsam noch mehr militärische Fähigkeiten durchhaltefähig bereit zu halten. Darüber hinaus wird eine Vielzahl von weiteren Rüstungsprojekten gemeinsam geplant und weiteren europäischen Länder als Kooperationsprojekt angeboten. Die deutsch-französische Zusammenarbeit versteht sich somit als Nukleus für eine vertiefte Kooperation auf europäischer Ebene.
Warum ist die Teilnahme am Cluny Forum für Sie wichtig und welche Ergebnisse würden Sie sich wünschen?
Ich habe selbst über mehrere Jahre aktiv an der Verwirklichung der deutsch- französischen Kooperation mitwirken können und dabei Erfolge wie Rückschläge erlebt. Denn die Zusammenarbeit von Streitkräften verschiedener Staaten – ein komplexes und darüber hinaus häufig unverstandenes Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik – ist keine Selbstverständlichkeit. Sie erfordert ein tieferes Verständnis über die unterschiedlichen Sichtweisen und historisch gewachsenen Erfahrungen beiderseits des Rheins. Von daher ist es mir wichtig, mit meiner Expertise zwischen den unterschiedlichen strategischen Kulturen zu vermitteln und insbesondere junge Menschen für Chancen und Risiken einer deutsch- französischen Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu sensibilisieren. Konkrete Ergebnisse erwarte ich keine, hoffe aber eine Stärkung eines deutsch-französischen Netzwerks weit über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik hinaus mit zu gestalten.
Über die Bundeswehr
Die Bundeswehr ist ein wesentliches Instrument deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Auftrag der Bundeswehr ist es dabei nicht nur Deutschlands Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen oder die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands abzustützen und zu sichern. Vielmehr gilt es, gemeinsam mit Partnern und Verbündeten zur Abwehr sicherheitspolitischer Bedrohungen für unsere offene Gesellschaft und unsere freien und sicheren Welthandels- und Versorgungswege beizutragen. Dazu gehört auch zur Verteidigung unserer Verbündeten und zum Schutz ihrer Staatsbürger beizutragen, Sicherheit und Stabilität im internationalen Rahmen zu fördern und europäische Integration, transatlantische Partnerschaft und multinationale Zusammenarbeit zu stärken.
Die enge Partnerschaft mit Frankreich ist hierfür ein über Jahrzehnte gewachsenes und sich stetig größer werdendes Fundament, auf dessen Grundlage Deutschland und Frankreich zusammen inzwischen weit über die rein bilaterale Zusammenarbeit hinausgehen. Der Weg zu einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion soll gemeinsam beschritten werden. Hierzu haben beide Länder immer wieder entscheidende Impulse für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union gesetzt. Mit Blick auf eine Verteidigungsunion wurden konkrete Vorschläge formuliert, um die EU-Verteidigungspolitik zu stärken. So sollen – neben der Europäischen Kommandozentrale für Auslandsmissionen – beispielsweise ein gemeinsames europäisches Sanitätskommando, eine logistische Drehscheibe sowie eine europäische Offiziersausbildung gemeinsam in Angriff genommen werden. Auch die bilaterale Kooperation im Bereich der Rüstung stärkt Europa: Deutschland und Frankreich planen eine gemeinsame Lufttransportstaffel, um sich in einem Krisenfall gegenseitig zu unterstützen. Beide Länder arbeiten darüber hinaus gemeinsam mit Italien und Spanien an der Einführung eines wettbewerbsfähigen europäischen Industriezweiges für Drohnen mittlerer Flughöhe und langer Flugdauer. Auch in den beiden Einsätzen in Mali arbeiten die deutschen und französischen Streitkräfte sehr eng zusammen und unterstützen mit konkreten Projekten die Länder der G5-Sahel, um mehr für die Entwicklung und Sicherheit der Sahelregion erreichen zu können.